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Kostprobe: Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens

Kostprobe: Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens

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Warum fällt mir bei der Suche eines Titels für diese Kostprobe ausgerechnet dieses Gedicht von Rilke ein? Vielleicht weil er zusammen mit Jan Wagner vor kurzem die wunderbare Anthologie „Tanzt die Orange“ herausgegeben hat, in der 75 der besten deutschen Lyriker und Lyrikerinnen auf ein Rilke-Gedicht mit einem eigenen Gedicht reagieren und so einen literarischen Dialog inszenieren. Ein freies poetisches Karaoke zu Rilkes 150. Geburtstag, sozusagen. Vielleicht aber auch, weil das brüchige Lebensgefühl dieses Rilke-Gedichts, den neuen Gedichten von Norbert Hummelt sehr nahe kommt. Auch sie sind geprägt, von dem Gefühl der Brüchigkeit unseres Weltempfindens, einem Gefühl der Verletzlichkeit und Ausgesetztsein – wie es der Klappentext des neuen Gedichtbands formuliert: „Neue Gedichte von Norbert Hummelt, einem der bedeutendsten Lyriker unserer Zeit. Hummelt erkundet Momente, in denen sich die Verletzlichkeit von Beziehungen und unserer Welt als solcher offenbart. Autor ausgezeichnet mit dem Hölty-Preis, Deutschlands höchstdotiertem Lyrikpreis. Jeden kann es treffen, von jetzt auf gleich, dass Sicherheiten brüchig werden und kein Geländer in Reichweite ist, zumal in Berlin, der „wimmelnden stadt, stadt voller träume, wo am hellichten tag das gespenst den passanten bedrängt“. Eindringlich spüren die neuen Gedichte von Norbert Hummelt dem Gefühl nach, ausgesetzt zu sein. Sie erkunden Momente, in denen sich die Verletzlichkeit unseres Lebens offenbart. In der Ablösung zwischen Vater und Tochter, den Erinnerungen an die Eltern, der Gefährdung der Natur. Es sind Verse, die aus einem weiten literarischen Hallraum kommen, von Dante bis zu Pound und Eliot. Verse, die uns zum Nachdenken bringen und die Norbert Hummelt zugleich mit einer fühlbaren Leichtigkeit meistert. Und am Ende scheint gar eine neue Liebe als utopischer Ort auf, „können wir uns hierher flüchten, wo die hagebutten leuchten u. / die dohlenvögel kreisen?“ Norbert Hummelt wurde 1962 in Neuss geboren, wo er auch aufwuchs. In Köln hat er studiert und lange gelebt und gearbeitet. Und er wird, auch wenn er sehr bald zu ganz eigenständigen Formen gefunden hat, vielfach der „Kölner Schule“ zugerechnet, zu der z.B. Rolf Dieter Brinkmann, Marcel Beyer, Thomas Kling u.a. gezählt werden. Seit 2006 lebt Norbert Hummelt in Berlin, das auch Schauplatz etlicher dieser neuen Gedichte ist, die zwischen Mai 2018 und Mai 2024 entstanden. Norbert Hummelt hat 10 Gedichtbände und zwei essayistische Bücher ,Übersetzungen u.a. von Inger Christensen und T.S. Eliot veröffentlicht, Anthologien u.a. poetische Sammlungen herausgegeben und viele Beiträge und Features in Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunk publiziert. In diesem Extra in Podcastliteratur.de liest Norbert Hummelt Gedichte aus seinem neuen Band „Hellichter Tag“, der im November 2025 im Luchterhand Verlag erschien und verbindet sie mit knappen Erläuterungen zu ihrer Entstehung.
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