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Auteur(s): Martin Burckhardt
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Dieser Podcast präsentiert Buchkapitel, die sich zu Audiostücke gewandelt haben, aber wird auch Gespräche mit anderen Autoren enthalten.

martinburckhardt.substack.comMartin Burckhardt
Art Sciences sociales
Épisodes
  • Im Gespräch mit ... Gerd Koenen
    Jun 26 2025

    Es gibt nur wenige Zeitgenossen, die sich mit den historisch-untergründigen Geistesströmungen beschäftigen, welche uns in die gegenwärtigen Kalamitäten hineingeführt haben – eine Welt, in welcher der Krieg zu einem Mittel der Politik geworden ist, der starke Mann zu einer Sehnsuchtsfigur – und autoritäre Gedankenfiguren eine bizarre Wiederauferstehung erleben. Mag sein, dass der Grund, der Gerd Koenen zur Anamnese unserer Gegenwart gebracht hat, mit der persönlichen Erfahrung der Kulturrevolution verwoben ist. Als Mitglied des SDS und des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands, dessen Kommunistische Volkszeitung er als Redakteur betreute, befand er sich gleichsam im Zentrum des Geschehens - und konnte nach seinem Ausstieg aus der Bewegung, wie kaum ein anderer, die Geschichte der 68er Revolte nachzeichnen. In dieser Erzählung wird deutlich, wie die Traumpfade der Weltrevolution in einen geistigen Tunnel hineingeführt haben, in dem die Phantasmen der Stadtindianer in die Gewalttaten der RAF eingemündet sind. Als Historiker, der mit einer Psychoanalytikerin aus dem ehemaligen Ostblock verheiratet ist, darüber hinaus vielfältige Kontakte zur Solidarność und zu ausgebürgerten Dissidenten unterhielt (wie etwa Lew Kopelew), führte ihn die Problematik des real-existierenden Kommunismus zu der Frage, wie die politische Ökonomie eines Karl Marx in eine totalitäre Staats- und Gesellschaftsform umschlagen konnte. Weil aus dieser langen Beschäftigung mit der Frage des Kommunismus ein intensives Verhältnis zu Russland entstand, ist Koenen zum Chronisten auch jenes Wandels geworden, der uns heute in Gestalt des bellizistischen Putin-Russlands gegenübersteht. Und genau hier setzt unsere Unterhaltung an, die eine große geschichtliche tour de force geworden ist – und sich mit jenen gedanklichen Hohlräumen beschäftigt, die uns noch heute umtreiben. Dies mag der Frage gelten, ob der Marsch durch die Institutionen zu ihrer sukzessiven Aushöhlung geführt hat – und ob diese Form der politischen Evakuierung zum Erstarken antidemokratischer, ja, bellizistischer Grundhaltungen geführt hat, aber ebenso steht die Politik des Ressentiments und des gegenwärtigen Nihilismus auf dem Tablett.

    Gerd Koenen, 1944 geboren, war in jungen Jahren Mitglied des SDS und der KBW, nach seinem Austritt aus der Bewegung Redakteur des Pflasterstrands. Ihm verdankt sich eine wunderbare Chronik dieser Zeit: Das rote Jahrzehnt. Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967–1977. In der Folge hat er sich als Historiker in mehreren Büchern mit der Geschichte des utopischen Denkens und des Kommunismus beschäftigt – wobei zunächst das deutsche Verhältnis zu Russland, dann Russland selbst in den Vordergrund getreten ist.

    Von Gerd Koenen sind (u.a.) erschienen

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    1 h et 46 min
  • Im Gespräch mit ... Stefan Weber
    Jun 18 2025

    Vielleicht ist die Psychologie des Copy Pasters eine der größten Leerstellen unserer heutigen Zeit – hat man es hier doch mit einem Spezimen zu tun, das erst um die Jahrtausendwende, dann allerdings höchst massiv in Erscheinung getreten ist. Haben frühere Zeiten dieses Wesen, je nachdem unter das Werther-Syndrom oder den Bovarysmus zu subsumieren versucht, als eine Form, den eigenen „Roman zu leben“ , scheint das Design der eigenen Identität nun zur Lebensaufgabe geworden zu sein. Fällt einem dazu nur wenig ein, kann man sich mit einem Mausklick die Lebensleistung eines oder mehrerer anderer Menschen einverleiben. Ein solcher Schachzug ist umso attraktiver, als die akademischen Titel, ebenso wie der Nimbus des Autors eine gewisse soziale Reputation versprechen. Schon aus diesem Grund haben mich die Enthüllungen des Plagiatsjägers Stefan Weber stets interessiert. Dass sie ins Zentrum zahlloser politischer Skandale geführt haben (einfach deswegen, weil die Frage des Plagiats die charakterliche Integrität von Menschen berührt, die sich in der Öffentlichkeit zu moralischen Instanzen aufgeschwungen haben), ist bemerkenswert genug; sehr viel rätselhafter aber ist die zugrundeliegende Frage, nämlich, was Menschen dazu bewegt, sich mit falschen Federn zu schmücken, ja, was sie dazu verleitet, noch die intimsten Empfindungen, die eigenen Tränen z.B., zu plagiieren. So besehen stellt der Copy Paster beinahe so etwas wie ein unerforschtes Wesen dar, ja, könnte man ihm nachgerade den Slogan der Anonymus-Hacker zuschreiben:

    We are Anonymous. We are Legion. We do not forgive. We do not forget. Expect us.

    Tatsächlich sind die Plagiatsfälle, die Stefan Weber der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, unterdessen Legion. Das beginnt mit dem Fall Karl-Theodor zu Guttenbergs 2011 – und setzt sich fort: Johannes Hahn, Norbert Lammert, Diana Kinnert, Matthias Döpfner, Annalena Baerbock – um nur die prominentesten Plagiatoren zu nennen. Interessanter jedoch als der trübe Umstand, dass die Identitätsfälschung zu einem Gesellschaftsspiel geworden ist, ist die Frage, was die zugrundeliegenden sozialen Faktoren sind – mehr noch, warum selbst Institutionen, die (wie die Universität) das höchste Interesse an der Integrität ihrer Forschung haben sollten, hier ein, nein mehr noch, alle beiden Augen zudrücken.

    Stefan Weber ist habilitierter Kommunikationswissenschaftler. Dass er zum berühmt-berüchtigten Plagiatsjäger wurde, ist der Tatsache geschuldet, dass seine eigene Doktorarbeit gleich ein dreifaches Plagiat erlebte – und somit auf höchst persönliche Weise auf diese Thematik gestoßen wurde. Unterdessen hat er die „Plagiatsjagd“ zur Lebensaufgabe gemacht – immer mit dem Blick darauf, dass das Problem der akademischen Integrität eine Frage ist, die in den Zeiten von ChatGPT das Fundament der heutigen Wissensproduktion affiziert.

    Von Stefan Weben sind (u.a.) erschienen:

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    2 h
  • Im Gespräch mit ... Heiner Bielefeldt
    Jun 13 2025

    Mag eine Deklaration nur eines einzigen Sprechaktes bedürfen, wird es deutlich komplizierter, wenn die Wörter auf die Wirklichkeit treffen - und es darum geht, die hehren Absichten in die Tat umzusetzen. Genau dies ist das Problem der Menschenrechte, die allüberall im höchsten Ansehen stehen, aber vor allem dann auf die Tagesordnung geraten, wenn die Würde des Menschen sich als höchst antastbar erwiesen hat. Spätestens hier wird sichtbar, dass wenig gewonnen ist, wenn man die Menschenrechte, wie es ein Großteil der Philosophen getan hat und immer noch tut, aus dem Naturrecht ableiten will. Hannah Arendt jedenfalls, die sich, in Anbetracht der existenziellen Heimatlosigkeit des Menschen in der Moderne mit dieser Frage beschäftigt hat, war der Meinung, dass man die Menschenrechte nicht aus dem Naturrecht ableiten kann, sondern dass sie historischer, mehr noch, europäischer Provenienz sind. In diesem Sinn ist die Vorbedingung für das Menschenrecht die Annahme, dass der Mensch das Recht besitzt, Rechte zu haben - und dies wiederum setzt die Zugehörigkeit zu einem Gemeinwesen voraus, das seine Rechtsansprüche abzusichern gewillt ist. Genau dies war der Grund, der mein Augenmerk auf Heiner Bielefeldt gelenkt hat, der seine ganze berufliche Karriere der Menschenrechts-Frage gewidmet hat. Herausgekommen ist ein Gespräch, das sich langsam, aber unwiderstehlich an die zugrundeliegende Problematik heranzoomt. Oder wie Karl Kraus dies einmal in ein wunderbares Aperçu übersetzt hat: Je näher man ein Wort anschaut, desto ferner schaut es zurück.

    Bis zu seiner Emeritierung bekleidete Heiner Bielefeldt, der von der Wikipedia als Theologe, Philosoph und Historiker geführt wird, den Lehrstuhl für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Zudem war er, als Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit des UN-Menschenrechtsrats, mit höchst praktischen Fragen beschäftigt.

    Von Heiner Bielefeldt sind u.a. erschienen:

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    1 h et 31 min

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