
Im Gespräch mit ... Gerd Koenen
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Es gibt nur wenige Zeitgenossen, die sich mit den historisch-untergründigen Geistesströmungen beschäftigen, welche uns in die gegenwärtigen Kalamitäten hineingeführt haben – eine Welt, in welcher der Krieg zu einem Mittel der Politik geworden ist, der starke Mann zu einer Sehnsuchtsfigur – und autoritäre Gedankenfiguren eine bizarre Wiederauferstehung erleben. Mag sein, dass der Grund, der Gerd Koenen zur Anamnese unserer Gegenwart gebracht hat, mit der persönlichen Erfahrung der Kulturrevolution verwoben ist. Als Mitglied des SDS und des Kommunistischen Bundes Westdeutschlands, dessen Kommunistische Volkszeitung er als Redakteur betreute, befand er sich gleichsam im Zentrum des Geschehens - und konnte nach seinem Ausstieg aus der Bewegung, wie kaum ein anderer, die Geschichte der 68er Revolte nachzeichnen. In dieser Erzählung wird deutlich, wie die Traumpfade der Weltrevolution in einen geistigen Tunnel hineingeführt haben, in dem die Phantasmen der Stadtindianer in die Gewalttaten der RAF eingemündet sind. Als Historiker, der mit einer Psychoanalytikerin aus dem ehemaligen Ostblock verheiratet ist, darüber hinaus vielfältige Kontakte zur Solidarność und zu ausgebürgerten Dissidenten unterhielt (wie etwa Lew Kopelew), führte ihn die Problematik des real-existierenden Kommunismus zu der Frage, wie die politische Ökonomie eines Karl Marx in eine totalitäre Staats- und Gesellschaftsform umschlagen konnte. Weil aus dieser langen Beschäftigung mit der Frage des Kommunismus ein intensives Verhältnis zu Russland entstand, ist Koenen zum Chronisten auch jenes Wandels geworden, der uns heute in Gestalt des bellizistischen Putin-Russlands gegenübersteht. Und genau hier setzt unsere Unterhaltung an, die eine große geschichtliche tour de force geworden ist – und sich mit jenen gedanklichen Hohlräumen beschäftigt, die uns noch heute umtreiben. Dies mag der Frage gelten, ob der Marsch durch die Institutionen zu ihrer sukzessiven Aushöhlung geführt hat – und ob diese Form der politischen Evakuierung zum Erstarken antidemokratischer, ja, bellizistischer Grundhaltungen geführt hat, aber ebenso steht die Politik des Ressentiments und des gegenwärtigen Nihilismus auf dem Tablett.
Gerd Koenen, 1944 geboren, war in jungen Jahren Mitglied des SDS und der KBW, nach seinem Austritt aus der Bewegung Redakteur des Pflasterstrands. Ihm verdankt sich eine wunderbare Chronik dieser Zeit: Das rote Jahrzehnt. Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967–1977. In der Folge hat er sich als Historiker in mehreren Büchern mit der Geschichte des utopischen Denkens und des Kommunismus beschäftigt – wobei zunächst das deutsche Verhältnis zu Russland, dann Russland selbst in den Vordergrund getreten ist.
Von Gerd Koenen sind (u.a.) erschienen
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