Épisodes

  • Wie Geht`s?
    Nov 19 2025
    Eine der gefährlichsten Fragen unserer Zeit. Teile der Antwort könnten die Bevölkerung verunsichern. Eine ehrliche Antwort trägt womöglich mehr zur Spaltung bei als die alten Bruchlinien der Bundesrepublik: Geha oder Pelikan, Scout oder Amigo, Puma oder Adidas, Punk oder Popper. Später kam Nokia oder Siemens hinzu – keine Religion, aber fast Konfession. Liberale Geister konnten mit einem Nokia- oder Siemens-Nutzer reden – bis zum dritten Bier. Nichts stiftet mehr Gemeinschaftsgefühl als Ausgrenzung. Heute sind wir uns einig: Ost und West bekennen, uns geht es schlecht. Wer auf „Wie geht’s?“ mit „Gut!“ antwortet, darf das noch als Floskel durchgehen lassen. Zufriedenheit oder gar Glück wirkt verdächtig – oder Ratiopharm kickt gerade. Klar ist: Wir sind am Ende. Dieses Land ist am Tiefpunkt. Und dass wir weiter abrutschen, wird gerade geprüft – vielleicht vom Netzwerk Recherche, sicher aber von BILD, WeltN24 und NZZ. Wer zufrieden ist, ist schlecht informiert. Was hilft? Politpodcasts. Für den Einstieg: Sahra Wagenknecht – wohlig weh, aber nicht zu doll. Gregor Gysi macht gute Laune, das ist kontraproduktiv. Weg damit. Wer nachhaltig schlecht draufkommen will, hört Precht und Lanz. Sie kennen keine Lösung, aber fundieren das Problem und klären die Schuldfrage. Lanz hat dazu noch seine ZDF-Sendung, täglich. Das Switch-reloaded-Original war allerdings stärker. Hard Stuff: Ulf Poschardt. Eigentlich bräuchte es eine Trigger-Warnung. Wer am nächsten Tag eine Hochzeit hat oder das Bruttosozialprodukt steigern will, sollte ihn meiden. Ulfi, die semieloquente Atombombe der Meinungsfreiheit. MEGA heißt seine Dosis Zukunftsfeindlichkeit – „Make Economy Great Again“. Inhaltlich mager, sprachlich nah am POTUS. Schwarz / weiß. Pah! Nur schwarz. Auffällig: Vor allem Konservative sind schlecht gelaunt. Früher war das anders. Atomtod, Ozonloch, NATO-Doppelbeschluss, Waldsterben – das Ende der Welt lauerte links. Was wollten die Linken schon gegen Helmut Kohls geistig-moralische Wende ausrichten? Der Pfälzer Saumagen gegen den Hallenser Eierwerfer – ein Bild viriler Kraft! Bei den Grünen war Schlechtdraufsein Markenkern. Die SPD saß nach Schmidt führerlos auf der Rückbank des Mehr-Demokratie-Wagens. Also: Freie Fahrt für freie Bürger. Blühende Landschaften. Heute? Wer behauptet, die Sauerländer Tanne je lachen gesehen zu haben, glaubt auch an Nessi und Bigfoot. Früher war alles besser. Stellen wir uns die Wahlslogans CDU in der alten Bundesrepublik heute vor: „Wohlstand für alle“ (1957), „Mit Optimismus gegen Sozialismus“ (1980), „Sicher sozial und frei“ (1976). Geht, klemmt aber. Von „Black is beautiful“ (1980) oder „Weiter so, Deutschland!“ (1987) würde man abraten. Ganz schwierig wird es mit dem Claim von 2002: „Aufschwung beginnt mit den Köpfen.“ Dazu Fritze, Söder und Klingbeil – uuh. Aber wir wollen konstruktiv sein: Vorschlag zur Güte – „So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben!“, „Alles mit dem Volk, alles durch das Volk, alles für das Volk!“ oder „Mein Arbeitsplatz – mein Kampfplatz für den Frieden!“ Credits gehen an die SED. Immer noch besser als „Von mir aus: Verbrenner-Aus-Aus“ oder „Hoch die Hände – Klimawende“. Wie dem auch sei: Wir hauen einen raus. Uns geht’s gut! Judge me. Dies – und vieles mehr – in der 39. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 h et 25 min
  • UGHW: Mahlzeit
    Nov 12 2025
    Der Volksmund spricht ja gerne. Nicht selten auch mit vollem Mund. Das spart Zeit und reduziert den Appetit des Gegenübers. Steht aber als echtes No-Go in Knigges kleiner Lebenshilfe. Das Bild vom Unfall im Tunnel drängt sich auf, vor allem wenn es Fleischwurst mit roter Soße gibt. Der Volksmund sagt dann gerne so Sachen wie „Man ist, was man isst.“ Das ist die unakademische Version von der Maxime des dialektischen Materialismus („Das Sein bestimmt das Bewusstsein“, Kalle Marx). Zurück zu Tisch. Wenn in Deutschland am Herd gebrutzelt wird, stehen gerichtlich auf dem Siegertreppchen: Pizza, Lasagne und Spag Bollo! Allen Kochshows zum Trotz. Erst auf Platz fünf liegt mit der Rinderroulade ein deutscher Klassiker neben dem Rotkohl. Wäre Kochen in Deutschland olympisch, müsste die heimische Küche um die Sportförderung bangen. Sobald die Einwohner dieses Landes auswärts essen gehen, ist Döner die klare Nummer eins. Und wenn schon Essen mit Hinsetzen und Kerze auf dem Tisch, gewinnt Italien vor Griechenland, China und Vietnam. Es gibt alleine 22.000 italienische Restaurants (die 2.500 Eiscafés nicht mitgerechnet). Das sind mehr als katholische und evangelische Kirchengemeinden zusammen Anders gesagt: Auf jedes deutsche Opernhaus kommen 190 Italiener! Mamma mia. Rein kulinarisch sind wir Deutschen also entweder Südländer oder Asiaten. Die meisten unserer Lieblings-Restaurants sind echte Familienbetriebe. Gekocht wird von ehemaligen Gastarbeitern und ihren Nachkommen. Tatsächlich steht auf den Leuchtreklamen unseres Stadtbildes selten „Deutsches Haus“. Aber jeder wie er will. Doch es gibt eiserne Regeln, gegen die die Vorgaben des örtlichen Gesundheitsamtes wie unverbindliche Vorschläge wirken. 1. Wenn Restaurants im ersten Stock sind, müssen es Chinesen sein! 2. Wenn bei Italienern die Tischdecke nicht rot-weiß kariert ist, wird zur Kompensation die CD Italohits 92 gespielt. Durchgehend. 3. Wenn Steakhouse und Rippchen, dann satt. Für Griechen gelten zahlreiche Sonderregeln. Die Bundes-Kegelbahn im Keller ist natürlich Pflicht. Ebenso wie die Serviette mit Akropolis vorne und den zehn wichtigsten Vokabeln hinten. Baupolizeilich wird eine sehr grob verputze weiße Wand erwartet. Gips-Götter-Statuen ohne Arme sollten, 5-Liter Metaxa-Flaschen müssen. Knifflig wird es erst nach dem Verspeisen von Knorpelplatte/Tsatsiki/Pommes: Muss wirklich beim obligatorischen Ouzo aufs Haus der Kinderschnaps immer Sprite sein oder geht auch Fanta? Man weiß es nicht. Wir sollten Abstimmen. Dafür haben uns die Griechen schließlich die Demokratie beigebracht. Zum Schluss egal. Hauptsache lecker. Apropos lecker. Auf der großen Insel am Rande der Nordsee klingen gastronomische Einrichtungen ja immer sehr dramatisch! Was kann/ muss/ darf man hinter der Tür von Red Lion, King’s Head oder Blue Dragon erwarten? Vermutlich eine Mischung aus Ritter der Kokosnuss und Kammer des Schreckens. Zumindest klingt es wie ein Escape Room. Aber nein! Zumeist handelt es sich um gemütliche Horte des kommunikativen Daydrinkings. Wohnzimmer mit Tresen, Teppich und Spielautomat. Selbst das Essen ist landesüblich erträglich. Also Cheers, Salute, Yamas oder Şerefe bzw. – wenn auch selten – Prost. So sagt man und meint „Zum Wohl!“ Nur in China sagt man Ganbei, wörtlich übersetzt „leeres Glas!“ und es ist die Aufforderung, das Getränk komplett zu leeren. Sofort! Also „Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“ Jetzt kopieren die Chinesen sogar schon das deutsche Saufen. Wenn die jetzt noch das Oktoberfest irgendwo in der chinesischen Provinz nachbauen, stellt sich jetzt mal ernsthaft die Frage, ob unsere Oktoberfeste auf dem Karstadt-Parkdeck überhaupt noch Sinn machen! Schon wegen Kultur, Lightbild, Stadtbild und so. Dies – und vieles mehr – in der 38. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 h et 25 min
  • UGHW: Heimat am Heck
    Nov 5 2025
    Autokennzeichen bieten hierzulande seit 1956 eine feste Orientierung. Das ist wichtig in dieser chaotischen Welt. Wo kommt der her? Ein Blick und alles ist klar. Wilder Landwirt (WL), Bereifte Mörder (BM), Arsch im Cockpit (AIC) - alles bekannt. Wie der schon fährt! Und auf langen Autofahrten boten Kennzeichen uns Kindern allerlei Kurzweil. Ein Punkt für jedes erkannte Kürzel, ein anständiger Hieb auf den Arm der Mitreisenden für jedes gelbe Auto. So sind die Regeln. Der Gewinner bekam ein Päckchen Sunkist aus Muttis Proviantkorb, der Verlierer eine gehörige Lektion in regionaler Geografie – und blaue Flecke am Oberarm. Das war er, der goldene Westen. Dann kam die Wende – und brachte alles durcheinander. Plötzlich 190 neue Kennzeichen aus den frischen Bundesländern, montiert auf stinkenden Plastikautos oder Gebrauchtwagen, die hier keiner mehr wollte. Das konnte nicht gutgehen. Also folgten Kreisgebietsreformen. Schneller beschlossen, als neues Briefpapier gedruckt werden konnte. In MecklenburgVorpommern schrumpfte die Zahl der Kreise von 36 auf 8, in Sachsen von 54 auf 13. Putbus, Hainichen, Hettstedt, Flöha? Abgewickelt, als wären sie ein xbeliebiger VEB Obertrikotagen. Mit ihnen brach auch ein Stück Identität weg. Alleingelassen im Landkreis Nordwestvorpommern. Verraten von denen da oben im Kreis Niesky. Und dabei sah der Trabbi mit NYKennzeichen ein wenig nach schöner neuer Welt aus. Heimatlos. Auch im Westen sollte die regionale Neuordnung aus Feinden Freunde machen. Aber ein Verwaltungsakt ist keine Liebeserklärung. Im Gegenteil. Das Arnsberg/HochsauerlandGesetz, das BielefeldGesetz – schon die Namen klingen wie ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand. Stolze Gemeinden wie Brackwede, Sennestadt, Heepen, Jöllenbeck, Vilsendorf, Theesen, Schröttinghausen, Hillegossen, Ubbedissen – zack: alles Bielefeld. Zwangskollektivierung in OstWest-Falen. Jede Neuordnung der unteren Verwaltungsebene ist ein Angriff auf die eigene Geschichte, Stammeszugehörigkeit und Identität. Vor allem die Bindestriche fühlen sich an wie Stiche ins Heimatherz: Siegen-Wittgenstein, Minden-Lübbecke, Baden-Württemberg, Bayern, M-V. Das klingt doch schon nach schiefem Haussegen. Da musste eine Antwort, eine Lösung her. Verwaltung lässt sich nur mit Verwaltung besiegen – Fight fire with fire: Die Erste Verordnung zur Änderung der FahrzeugZulassungsverordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (FZVuaÄndV) von 2012. Wow! Kennzeichenliberalisierung und „Heimat am Heck“. Endlich wieder zu Hause! Jetzt in 827 deutschen Varianten. Zwischen 25.000 Fahrzeugen in LüchowDannenberg (DAN) und 1,25 Millionen in Berlin (B) – alles dabei. Und dabei hat die Bundeshauptstadt mit 334 Pkw pro 1.000 Einwohner den niedrigsten Wert bundesweit. Den höchsten Wert mit 956 Pkw je 1.000 Einwohner gibt es selbstverständlich Wolfsburg. Kinder und Greise inbegriffen. Das 1-Pro-Kopf-Auto ist ein Volkswagen. Und doch stößt das neue Bekenntnis zur Region an ihre menschengemachten Grenzen. Der Gestaltungsspielraum bei Gewerbe- und KFZ-Steuern erlaubt einen gigantischen Zugehörigkeitsbetrug! Stichwort Mietwagen. „Der sieht doch gar nicht wie jemand aus München, Euskirchen oder Wiesbaden aus“ denkt man so manches Mal beim Überholvorgang. Zu Recht. Gerade M, EU oder WI sind bekannt für ihre Trojanische Autos. So war das mit der „Heimat am Heck“ nicht gemeint.Apropos Trojanisches Pferd. Niemand weiß, ob Herr Odysseus wirklich zu dieser List griff, um den Trojanischen Krieg zu beenden. Ganz anders Bremen. Dort gibt es einen Elefanten, in den man tatsächlich reinkrabbeln kann. Ein Denkmal erst für, dann gegen den Kolonialismus. Aus Gründen des Tierschutzes und derNachhaltigkeit handelt es sich jedoch um ein aus Backstein gemauertes Denkmal in Hauptbahnhofnähe. Wir wissen jetzt, wie man Bremen erobern kann. Okay, aber warum sollte man? Dies – und vieles mehr – in Folge 37 von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 h et 5 min
  • UGHW: Hello Wien
    Oct 29 2025
    Sprache erfüllt viele Funktionen: Sie hilft, wenn Gestik nicht reicht, kann inkludieren oder ausschließen – je nach Gruppe und Stimmung. Jugendsprache wie „Schere“ oder „Das crazy“ ist codiert und signalisiert Zugehörigkeit. Auch Berufsgruppen nutzen eigene Codes, etwa bei der Bundeswehr: „Komm zwölfhundert mit AllgFspWNBw durch“ will sagen „Ich rufe mittags mal an“. Deutsch ist Amtssprache in Deutschland – außer in Bayern, Sachsen, Ruhrgebiet, Berlin, Köln, Emsland, Thüringen, Saarland, Schwaben, Franken, Nord- und Ostfriesland, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland und Pfalz. Aber das sind Ausnahmen. Auch in Österreich, Liechtenstein, Schweiz, Luxemburg und Belgien wird grundsätzlich auch Deutsch gesprochen. Hierzulande dominiert Hochdeutsch mit Fokus auf Sachebene und Appell. In Österreich hingegen zählt die Metaebene: Selbstoffenbarung und Beziehung. Friedemann Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat zeigt, wie Missverständnisse entstehen, wenn Sender und Empfänger unterschiedliche Ebenen betonen. Österreich glänzt zudem mit pittoresken Ausdrücken aus der KuK-Zeit. „Tachinieren im Betagtenheim“ klingt einfach besser als „Arbeitszeitbetrug in der Seniorenpflegeeinrichtung“. Wien galt lange als unfreundlichste Stadt der Welt – laut Expats 2023 auf Platz 53. 2024 ging’s zwei Plätze rauf. Berlin und München sind nun unfreundlicher. In Berlin nennt man das „Berlinern“, in München wird „grantelt“, in Wien „geschäht“. Touristisch wertvoll. Apropos Ring: In Silverstone drehen seit 1950 Autos und Motorräder ihre Runden. Vom Nähmaschinenmotor bis zum Monstermotor wird alles verbrannt, was mit Nikolaus August Ottos Erfindung an Flüssigfossilien zu verbrennnen ist. Wer keinen Rennstall hat, geht in den Giftshop: Ed-Hardy-meets-Camp-David-Poloshirts für € 85. Teuer, aber ein Statement gegen das Verbrenner-Aus: „Nimm das, Greta!“ Schulz von Thun würde sagen: Appell, Selbstoffenbarung, Beziehung – alles drin. Sachebene? Schwächelt. In Berlin, München und Wien wären man zufrieden. Dies – und vieles mehr – in Folge 35 von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 h et 46 min
  • UGHW: Fake News
    Oct 22 2025
    Im Krieg ist die Wahrheit bekanntlich das erste Opfer. Und da draußen ist immer Krieg. Medienkrieg, Krieg der Systeme und der Kampf um die Meinungshoheit. Die Ente, den Hoax, die Fakenews gab es schon lange, bevor wieder sie so in Mode gekommen sind wie heute. „Der Bericht über meinen Tod wurde stark übertrieben.“ Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain äußerte diesen Satz im Jahr 1897, nachdem Berichte über seinen Tod kursierten. Im Allgemeinen müssen wir zwischen Verschwörungserzählungen, gezielter Falschinformation und sprachlichen Verirrungen unterscheiden. Verschwörungserzählungen sind so alt wie die Menschheit. Bis heute wollen wir ja auch nicht immer die ganze Wahrheit hören, denn ein Teil der Antwort könnte die Bevölkerung beunruhigen. Und wenn man schon keine Lösung hat, hilft es doch sehr, wenn man Schuldige benennen kann. Brunnenvergifter, „die da oben“ oder „die da drüben“. 1950 wurde die DDR von einer Kartoffelkäferplage biblischen Ausmaßes getroffen. Als streng atheistisches Land fiel die historisch erprobte Schuldzuweisung der Gottesstrafe leider weg. Hexen waren auch gerade nicht greifbar. Man hätte also schlicht – und wahrheitsgemäß – die schlechte Vorbereitung auf die zu erwartenden Schädlinge erwähnen können oder aber zugeben müssen, dass die wenigen Pflanzenschutzmittel zumeist an den großen Bruder im Osten abgegeben werden mussten. Aber warum? Es waren „Amikäfer“ – Millionen von „Amikäfern!“ So stand es wochenlang im Neuen Deutschland. Das war zwar logistisch und biologisch Unsinn. Aber jemand anders hatte Schuld und man selbst musste nichts tun. Ganz anders die klassische Falschmeldung, die Ente. Dabei handelt es sich zumeist um schlampige Recherche, Wollen statt Wissen oder zu viel Meinung bei zu wenig Ahnung. Auf jeden Fall geht es um Aufmerksamkeit und Auflage. Seit viele Jahren ist die Bild dafür fast täglich ein verlässlicher Lieferant für Bonmots, Sprachverirrungen, verquere Meinungen, Halbwahrheiten und schlichtweg Lügen ist eine andere Zeitung. Unser Headline-Alltime-Favorite ist: „Ostzonensuppenwürfel machen Krebs.“ Dieses Frühwerk ist nicht zu toppen. Obwohl „Diese Affenhitze – Werden wir jetzt alle Afrikaner?“ oder „Lotto-Zahlen immer blöder“ ja auch nicht schlecht sind. Sportreporter haben bei Springers heißem Blatt grundsätzlich Narrenfreiheit: „Bundesliga-Hammer. 1. Tor mit Penis geschossen“ oder „Adios Diego. Dein Messi kriegt heut auf die Fressi.“ Bzw. „Litti, Wutti, Klinsi – Bumm, bumm, bumm!“ Was sagen die Schöpfer dieser Zeilen eigentlich ihren Kindern, wenn sie nach ihrem Beruf gefragt werden? Aber die Bild kann sich ändern. DDR wird nicht mehr „DDR“ geschrieben (seit etwa 1989), nackte Frauen sind nur noch mit Begründung auf der Titelseite und die Bild hat jetzt – zumindest online – eine Rubrik, in der sie eigene Fehler benennt und korrigiert. Das ist wirklich mutig! In Echtzeit kann man da Bild-Journalisten bei der Weigerung eines einfachen Faktenchecks z. B. durch dieses neuartige Google begleiten. Meldung für Meldung. Ganz anders als bei Insta ist das Scrollen ohne Reue. Anderes Thema. In den 1980er Jahren gab es für eine kurze Zeit den Versuch, eine Konkurrenzliga zur NFL zu etablieren. Darunter so lustige Namen wie Houston Gamblers oder Memphis Showboats. Nach zwei Jahren mit immer weniger Zuschauern und ohne Fernsehvertrag war dann der Kick wieder off. Dabei war der erfolgreichste Geschäftsmann aller Zeiten mit von der Partie: Donald J. Trump. Keine Verschwörung an dieser Stelle. Apropos Verschwörungstheorie und Football: 1871 verwüstete ein großer Brand weite Teile von Chicago. Die größte Katastrophe der Stadt. 130 Jahre nach dem Brand fanden die Eigentümer des lokalen Fußball-Anbieters, dass es eine gute Idee wäre, ihren Club zu „Ehren“ des Infernos Chicago Fire zu nennen. Warum nur? 38 Jahre vor 9/11 nannten die New Yorker ihr Team Jets. Just saying. Dies – und mehr – in Folge 35 von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 h et 39 min
  • UGHW: Geht unter die Haut
    Oct 15 2025
    Nein, ich bereue nichts! Je ne regrette rien. Klingt auf Französisch irgendwie besser. Vor allem, wenn es der Spatz von Paris mit ihrem tiefen Timbre singt und die Lebenserfahrung aus jedem einzelnen Ton tropft. Édith Piafs letzter großer Hit geht unter die Haut. Das leichter verdauliche No Regrets ist vollkommen zu Recht das gestochen scharfe Körperschmuck-Motiv Nr. 34 im Katalog des Tattoo-Studios an der Ecke. (Namen von Studios sind mindestens so zweifelhaft wie die von Friseursalons – und verdienen eine Sonderfolge!) Kunden dieses äußerst beliebten Ausdrucks von Individualität kauften auch „Carpe Diem“-Wandtattoos. Aber es ist doch toll, wenn man nach einem mehr oder weniger langen Leben nichts zu bereuen hat. Dabei ist es fast egal, ob man einfach nur sehr wenig erlebt hat, ein schwaches Gedächtnis oder miserabel ausgeprägte Moralvorstellungen besitzt. Natürlich unterliegen auch Tattoos Modetrends. Bis in die 1980er führten vor allem ältere Männer im Freibad Matrosen, Meerjungfrauen, Anker und blutende Herzen spazieren. Die Körperbemalten waren zumeist Seeleute oder Menschen, die schwedische Gardinen sehr gut kannten, ohne je bei IKEA gewesen zu sein. Stichwort: Träne oder drei Punkte. Dank Angelina Jolie, Christina Aguilera und anderer leuchtender Vorbilder erkämpften sich dann Ende des letzten Jahrtausends formschöne Ornamente ihren Platz auf dem Steiß. Angeblich von indigenen Völkern inspiriert. Die bestreiten auf Nachfrage vehement. Trotzdem toller Trend. Unbestrittener Höhepunkt: die Wahl zur Miss Arschgeweih am 8. August 2004 in Berlin – veranstaltet von der Bild und mit der Bloodhound Gang als Jury. Einmalig, denn wie will man das je toppen? Später soll so mancher der so Gezeichneten die Motivwahl bitterlich bereut haben. Aber No regrets – es kommt alles wieder! Das Y2K-Revival der Gen Z hat uns ja auch schon Plateau-Schuhe, ???, Vokuhila und Leggings beschert. Also: Geduld. Drachen, Stacheldraht und Indianerfedern waren auch mal total angesagt. Und natürlich chinesische Schriftzeichen. War schon bei Britney Spears eher merkwürdig als mysteriös. Wenn das wiederkommt, kann man in der U-Bahn dank Bilderkennung die peinlichen Fehlübersetzungen, die einem an heißen Sommertagen entgegenquellen, direkt entlarven. Ein entsprechender Hinweis wird sicherlich dankbar entgegengenommen. Schöne neue Welt. Derzeit angesagt sind ja Microtattoos, Single-Line oder auch Sticker-Style. Das sieht so aus wie früher die Schreibtischunterlagen nach langen Telefonaten – alles voll mit kleinen Doodles, Emojis und HSV-Rauten. Passend dazu eine kleine Idee für ein interaktives Tattoo: Käsekästchen oder Tic-Tac-Toe. Davon haben alle was. Nie aus der Mode gekommen sind Namen und Geburtsdaten der Liebsten. Wahrscheinlich, damit man sie nicht vergisst. „Wie heißt du noch mal? Nicht sagen – ich gucke kurz nach.“ Viel häufiger werden aber doch wohl PINs, Telefonnummern, unregelmäßige Verben oder einzukaufende Lebensmittel vergessen. Milch, Zucker, Kondome. Das wäre ein wirklich sinnvolles Tattoo! Apropos nie vergessen: Den Stadtplan von Miami – vulgo Vice City – haben wir 1:1 im Kopf. Sind da ja auch oft genug unterwegs gewesen. Noch immer wartet die Welt auf das Release von GTA VI. Ist uns seit langer Zeit versprochen. Und wie die Zeugen Jehovas bei der Berechnung für die Rückkehr des Messias sich immer mal wieder korrigieren mussten, schiebt auch Rockstar das Erscheinungsdatum regelmäßig. Um uns zu trösten, tauchen wir immer mal wieder in die Welt von Vice City ein. Und wenn der Taxifahrer dann noch im Radio Emotion 98.3 mit Moderator Fernando Martinez anstellt, finden wir auch Britney Spears wieder irgendwie frech, wild und süß. Dies – und vieles mehr – in der 34. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 h et 21 min
  • UGHW: Stadt Land Fluss
    Oct 8 2025
    Manche Städte und Länder lassen sich mit nur drei Begriffen beschreiben: lustlose Kommissare, Geysir, Vulkan. Ganz klar – wir sind in Island. Und bei Regenwald, Samba, Fußball denkt jetzt niemand wirklich an Weißrussland. Diese inneren Eselsbrücken machten sich einfallsreiche Geografen zunutze und erfanden die Drei-Wort-Methode. Die Welt – aufgeteilt in 57 Billionen 3×3 m große Quadrate, jedem Viereck drei zufällige Wörter zugeteilt – ergibt das ansprechendste Navi der Welt. Ehren, greifen, aufbauen ist so ziemlich genau der Anstoßkreis in der Arena auf Schalke. Man kann über die Wörter nachdenken. Bringt aber nichts – ist Zufall. Aber manchmal haben sich die Macher einen kleinen Scherz erlaubt. prayers.bricks.spaghetti definiert den Standort der Sagrada Família in Barcelona. Das kann man vor seinem geistigen Auge sehen. Und fancy.crown.charm ist der Buckingham. Das ist ganz lustig. Und Kuriositäten sind bei nationalen Symbolen nicht so selten – zum Beispiel bei Fahnen. Die Südstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg hatten in den vier Jahren ihres Bestehens drei unterschiedliche Flaggen. Die Südstaaten-Fahne, die wir jetzt wieder immer häufiger sehen müssen, war jedoch nie dabei. Im Gegenteil: Der Kongress der Konföderierten lehnte den Entwurf mehrfach ab. Waffen sind ein erstaunlich beliebtes Motiv auf Flaggen. Gern genommen sind Schwerter – wie in Guatemala, Paraguay, Sri Lanka oder Saudi-Arabien. Aber mittelalterlichen Hiebwaffen sind ja eher so „Ritter“. Eine Phase, die bei Jungs ganz oft nach den Dinos und vor Paw Patrol kommt. Die Schusswaffen auf der Fahne von Haiti sind angesichts der aktuellen Situation in dem Karibikstaat dann schon eher programmatischer Natur. Und die technisch korrekte Abbildung einer Kalaschnikow auf der Fahne von Mosambik ist wohl auch keine Idee des Tourismusministers. Ganz anders: Kambodscha. Dort hat man einfach die Hauptsehenswürdigkeit Angkor Wat auf das flatternde Nationalsymbol gedruckt. Das ist clever. Man stelle sich jedoch einmal vor, die Bayern würden das auch machen. Söder isst auf Blau-Weiß. Muss nicht! Auch bei der Wahl des Hauptstadtnamens gibt es Merkwürdigkeiten. „Die gute Luft“ von Buenos Aires könnte so im Neckermann-Katalog stehen. Ob der Name des sudanesischen Khartum („Elefantenrüssel“) positiv besetzt ist, ist Geschmackssache. Völlig ratlos lässt uns das kirgisische Bischkek zurück. Es bedeutet „Rührlöffel“. „Halt!“, rufen empörte Etymologen jetzt. „Bischkek kann man auch mit Joghurtstampfer übersetzen.“ Ok, klingt schon besser. Nur mit Mühe lassen sich Grosny und Damaskus positiv deuten. Übersetzt heißen sie „Die Schreckliche“ bzw. „Ort des Blutstroms“. Hier fängt Städtemarketing bei null an. Mehr als nur einen Kick-off-Workshop weiter ist die Hauptstadt von Burkina Faso. Ouagadougou bedeutet: „Du bist willkommen bei uns.“ Klingt ein wenig nach evangelischem Kirchentag oder Penny Hamburger Straße – aber trotzdem: Dankeschön! Apropos Ouagadougou. Wir sind ja ein serviceorientierter Podcast. Daher: Ouagadougou ist ein fast unschlagbarer Tipp für das schöne Spiel Galgen bzw. Hangman. Denn trotz der zwei recht einfachen Vokale wird zumeist bis zum Strichmännchentod weiter geraten. Noch besser ist nur noch Sylt. Kein Vokal und trotzdem ganz weit oben. Die zwei Runden gehen auf uns. Dies – und vieles mehr – in der 31. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    41 min
  • UGHW: Was willst Du?
    Oct 4 2025
    Bei der richtigen Beantwortung dieser zumindest im Satzbau recht einfachen Frage kommt es extrem auf das Gegenüber und die Situation an. Dem/der Geliebten ins Ohr gesäuselt kann z. B. „Ein kaltes Bier“ oder auch „Dass du mich für immer liebst“ als sehr adäquat und sogar beziehungsfestigend angesehen werden. Gegenüber einer einem völlig unbekannten Kleingruppe junger, offensichtlich alkoholisierter Männer mit sichtbar getragenen Signets des rivalisierenden Fußballanbieters nach einer überraschend deutlichen Niederlage sind die beiden obigen Aussagen eventuell nicht zielführend. Im schlimmsten Fall können sie sogar als Provokation aufgefasst werden. Unangenehm. Sich dann auf das Provokationsrecht der zweiten römischen Republik zu berufen, zeugt von einem gewissen Geschichtsverständnis. Es trägt aber wohl dennoch nicht zur wünschenswerten Entspannung bei und ist – der Fachmann weiß dies nur zu gut – auch inhaltlich vollkommen falsch! Denn das Provokationsrecht ist bekanntlich das Recht eines jeden Bürgers, das Volk um Beistand anzurufen (provocare = herbeirufen, aufrufen), wenn Leib und Leben durch die Gewalt staatlicher Magistrate bedroht sind. Allerdings nur in einer Diktatur. Diese Herrschaftsform dauerte maximal sechs Monate und diente dem Schutz der Republik. Der inzwischen etwas aus der Mode gekommene Staatstheoretiker Niccolò Machiavelli bezeichnete die Diktatur sogar als wichtiges Mittel zur Verteidigung der Freiheit. Viele derer, die wir heute verschiedentlich als Diktatoren bezeichnen, wären mit der Zuschreibung als Verteidiger der Freiheit und Beschützer der Republik wohl sehr einverstanden. Und derzeit haben wir recht viele Herrschaften, deren Eigenwahrnehmung hierzu passt. Doch wie so oft stimmen Eigen- und Fremdwahrnehmung nicht immer überein. Sicher ist, dass der Titel „Diktator“ nur ganz selten auf der Visitenkarte steht. Viel lieber nennt man sich Präsident, Generalissimo oder Staatsratsvorsitzender. Kann aber alles bedeuten. Stutzig werden sollte man jedoch bei „Großer Vorsitzender“, „Bruder Nr. 1“ oder „König der Könige“. Das klingt dann irgendwie nicht mehr nach Amtsverzicht am Ende der Legislaturperiode. Wie dem auch sei. Bei Staats- und Regierungschefs entscheidet die Geschichte, ob sie als Vater der Nation oder grausame Tyrannen in Erinnerung bleiben. Dabei galt lange Zeit der Grundsatz: „Wer schreibt, bleibt.“ So konnte Ramses II. sein knappes Unentschieden gegen die Hethiter via Wandrelief in einen großen Sieg umdeuten. Aber wer, der nicht dabei war, wird schon etwas gegen das in Stein gemeißelte „Auge, Schlange, Wolke, Zickzacklinie, Mann, Sonne“ sagen wollen. Caesar hat mit dem Verfassen des Bellum Gallicum die historische Deutung seines ausgedehnten Angriffskrieges gleich selbst geschrieben. Auch so etwas dürfte bei digitaler Aufzeichnungs- und Übertragungstechnik heute etwas schwerer fallen. Und ob nach Napoleon nach einer intensiven Berichterstattung über den Russlandfeldzug im Jahr 2025 immer noch ein Sekt oder ein Grill benannt würde, ist fraglich. Selbstverständlich ist für den Nachruhm ein eingängiger Name nicht ganz unwichtig. Napoleon und Caesar sind schon nicht schlecht. Aber wer wird je unvoreingenommen die Regierungszeit von Katharina der Großen oder August dem Starken bewerten können. Augusts Vorfahre Albrecht der Gebissene hat es da schon etwas schwerer. Und auch der erste karolingische König Pippin der Kleine hat gegenüber seinem Sohn Karl dem Großen imagetechnisch erhebliche Nachteile. Apropos eingängiger Name. Llanfairpwllgwyngyll ist sicher keiner. Eine walisische Ortschaft heißt tatsächlich so. Das Ortsschild ist instagrammable. Mehr in dem Ort aber nicht. Sicher ist, dass die Waliser damit auch nicht jedem hippen Trend wie NY, LA, Stuggi oder P-Berg hinterherlaufen. Und in Llanfairpwllgwyngyll essen sie natürlich auch nicht Pudding mit der Gabel. Warum auch? Dies – und vieles mehr in der 31. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 h et 18 min