Die Borderline-Störung gehört zu den bekanntesten, aber auch zu den am meisten missverstandenen psychischen Erkrankungen. Sie ist Thema in Fachkreisen, in den Medien und auf Social Media – und dennoch wissen nur wenige, was der Begriff Borderline tatsächlich bedeutet und woher er stammt. In dieser ersten Folge klärt Dr. Murafi von der Klinik Walstedde genau diese Frage und legt damit den Grundstein für eine ganze Reihe rund um die Borderline-Störung.
Viele Menschen gehen davon aus, dass der Name „Borderline“ auf das Verhalten der Betroffenen zurückzuführen sei – etwa auf das Überschreiten von Grenzen, intensive Gefühlsausbrüche, riskantes Verhalten oder instabile Beziehungen. Doch das ist ein Irrglaube. Der Begriff hat nichts mit dem individuellen Verhalten der Patientinnen und Patienten zu tun, sondern seinen Ursprung in der historischen Entwicklung der Psychiatrie.
Dr. Murafi erklärt, wie die Psychiatrie ursprünglich zwischen zwei großen Gruppen von Erkrankungen unterschied: auf der einen Seite biologisch bedingte, hirnorganische Störungen (wie Schizophrenien oder bipolare Störungen), auf der anderen Seite die sogenannten Neurosen, also Erkrankungen, die stärker durch Lebenserfahrungen, Konflikte oder traumatische Prägungen verursacht sind. Die Borderline-Störung fand ihren Platz genau an der Schnittstelle zwischen diesen beiden Bereichen – an der „Grenze“ zwischen biologisch-psychiatrischen Erkrankungen und lebensgeschichtlich bedingten Störungen. Daher rührt der Name „Borderline“.
Die Erkrankung ist geprägt von einem schweren Verlauf, der in seiner Intensität mit psychotischen Erkrankungen vergleichbar sein kann. Gleichzeitig ist sie aber eng mit frühen Lebenserfahrungen und Entwicklungsbedingungen verknüpft. Diese besondere Position macht die Borderline-Störung so komplex und erklärt, warum Betroffene oft mit Vorurteilen oder Missverständnissen konfrontiert sind.
Im weiteren Verlauf dieser Folge geht Dr. Murafi auch auf die aktuellen Diagnosekriterien ein. Während die Borderline-Störung im ICD-10 noch als „emotional instabile Persönlichkeitsstörung“ bzw. „Borderline-Typ“ klassifiziert ist, wird sie im ICD-11 nicht mehr in dieser Form benannt. Diese Veränderungen spiegeln den Fortschritt in der Psychiatrie wider – und zeigen, dass auch die Sprache über psychische Erkrankungen einem Wandel unterliegt.
Für Betroffene, Angehörige und Interessierte bietet diese erste Episode einen verständlichen Einstieg in ein komplexes Thema. Sie schafft Klarheit über die Herkunft des Begriffs und räumt mit gängigen Mythen auf. Damit legt sie den Grundstein für die kommenden Folgen, in denen Symptome, Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und therapeutische Konzepte der Borderline-Störung detailliert betrachtet werden.
👉 Eine spannende Auftaktfolge für alle, die sich informieren möchten, sei es aus persönlichem Interesse, weil sie selbst betroffen sind oder weil sie Menschen im Umfeld besser verstehen wollen.